Von innen:


Von außen:

So, der Wagen ist wieder verkauft.

Nach einigen Wochen Hochstimmung über den geglückten Kauf begann ich langsam, die Kosten so ungefähr abzusehen. Die habe ich dann mit meinem Einkommen und insbesondere meinen anderen Ausgabewünschen verglichen.

Das Ergebnis sah garnicht gut aus. Am Ende habe ich den Wagen an einen Bekannten verkauft, so dass ich ihn weiter im Blick behalten kann. TÜV und AU waren kein großes Problem nach dem Wechsel des Abgaskrümmers. Seit einiger Zeit klappert der Kat leider etwas.

Dieses Blog werde ich deswegen nicht weiter führen. Wer will, kann bei meinem "richtigen" Blog mitlesen.

Der Nigerianer, von dem ich den Wagen habe, hat mir ja erzählt, dass er den Wagen "aus erster Hand" gekauft habe. Für mich ist das nicht so wichtig: lieber ein gut gepflegter Wagen aus dritter oder vierter Hand als eine über 25 Jahre vom Erstbesitzer vernachlässigte Kutsche.

Der Fahrzeugbrief hatte in der Tat nur einen Eintrag. Jedoch war dieser Brief 2005 neu ausgestellt worden. Und das Geburtsdatum des angeblichen "Erstbesitzers" in diesem Brief war 1974.

Weitere Merkwürdigkeiten kamen dazu. So wurde der Wagen 2005 nach längerer Stilllegung wieder zugelassen (Vollabnahme). Aus den Original-Dokumenten im Handschuhfach ergibt sich, dass der Wagen von der Niederlassung Kiel ausgeliefert wurde. (Ich habe den Wagen auch in Kiel gekauft.) Als Erstbesitzer ist aber ein Herr in Lüdenscheid eingetragen.

Der nigerianische Verkäufer hat mir noch einen Zettel gegeben mit der Telefonnummer des letzten eingetragenen Halters. Ich möchte natürlich wissen, was der an dem Wagen gemacht hat, und rufe an. Am Apparat ist eine Frau.

Ich: Könnte ich mit Xxxx Xxxx sprechen?
Sie: Das ist mein Sohn. Der ist gerade auf Arbeit.
Ich: Gut, dann rufe ich später nochmal an. Wann ist er denn wieder da?
Sie: So Mitte Oktober ungefähr. Vielleicht kommt er aber auch noch vorher für einen Tag vorbei. Wissen Sie, er fährt zur See...

Daraufhin haben wir vereinbart, dass ich einen Brief schicke mit meinen Fragen. Hoffentlich kommt der gute Mann heil wieder nach Hause.

Meine Fragen in dem Brief:
1. Karrosserie / Lackierung: In welchem Umfang ist der Wagen nachlackiert worden?

2. Rostschutz: Haben Sie irgendwelche Rostschutzmaßnahmen durchgeführt? Die Fahrertür sieht so aus, als sei sie mit Wachs gefüllt worden. Wissen Sie von irgendwelchen Durchrostungen oder kritischen Stellen?

3. Motor: Haben Sie die Steuerkette irgendwann gewechselt? Andere Maßnahmen am Motor? Zündkerzen? Zündkabel?

4. Bremsanlage: Haben Sie die Bremsanlage überholt? Handbremse?

5. Katalysator: Wann eingebaut? Gibt es darüber einen Nachweis?

6. Gibt es andere Reparaturen an dem Wagen, die Sie durchgeführt haben?

7. Dokumente: Besitzen Sie noch Dokumente zu dem Wagen? Original-Fahrzeugbrief?

8. Informationen: Von wem haben Sie den Wagen gekauft? Wann? Wissen Sie etwas über frühere Halter des Wagens?

9. Schäden: Gibt es irgendwelche Schäden an dem Wagen, von denen ich wissen sollte?

10. Stillegung: Der Wagen wurde im Januar 2005 vollabgenommen. Wie lange war er stillgelegt? Warum?

11. Kilometer: Wieviele Km sind Sie mit dem Wagen ungefähr gefahren? Der Km-Stand ist jetzt 261.020. Bei welchem Stand haben Sie verkauft?

Aus dem noch vorhandenen Original-Wartungsheft von 1984 lässt sich auch die Ausstattung des Wagens ablesen. Mit dem richtigen Handbuch - Rohde/Sirup - lassen sich diese Zahlencodes entschlüsseln.

Lackierung: 930 = silberblau
Innenausstattung: 052 = Stoff, blau

Sonderausstattungen:
411 = Schiebedach mechanisch, kostete 1017,00 DM
466 = Zentralverriegelung, kostete 412,45 DM
504 = Außenspiegel rechts, kostete 192,10 DM
534 = Antenne mechanisch ohne Radio, kostete 101,70 DM.

Zusammen mit dem Grundpreis für den 230 E (30.859 DM) ergibt sich ein Endpreis von 32.582,25 DM; das entspricht 16.659,04 €.

Mein Kaufpreis liegt also bei 7,8 Prozent des Neupreises. Das klingt doch nach einem echten Schnäppchen, oder?

So, der Wagen steht gut und trocken in der Werft und ich habe eigentlich gar keine Zeit, um mich drum zu kümmern. Es sind auch jedes Mal 40 km zu fahren, bis ich dort bin, wir haben Besuch und außerdem ist Sommer
:-)

Trotzdem habe ich mal eine Mängelliste erstellt:
- Abgaskrümmer gerissen
- Blech vorne unterhalb der Stoßstange etwas verbogen
- Rost im Motorraum (Beifahrerseite, an der Batterie / Radkasten, aber keine Durchrostung)
- Motorhaube schwergängig, Scharniere und -kästen aber wohl ok
- Leichter Rost Motorhaube innen, Dämmatte fehlt
- Steinschlag Windschutzscheibe (Beifahrerseite)
- (Leichter) Rost an allen Türen, insb. Fahrertür
- (Leichter) Rost am Heckdeckel (von außen - noch - nicht sichtbar)
- Eine Zierleiste links etwas locker
- Schiebedachdichtungen defekt - aber kein Rost am Schiebedachrahmen
- Fensterdichtungen defekt
- Kennzeichenbeleuchtung hinten defekt (wurde mal überlackiert)
- Dichtung Heckscheibe: Obere Metallklammer sitzt nicht da, wo sie hingehört
- Rost an der Karrosserie am Auspuffende (von außen sichtbar)
- Delle in der hinteren Stoßstange - nach außen
- Risse im Armaturenbrett
- Fahrersitz derbst durchgesessen, außerdem auch Stoff an der üblichen Stelle beschädigt
- Fußraummatten fehlen
- Himmel fleckig
- Verbandskasten und Warndreieck fehlen
- Haltebügel für Hosenrohr fehlt
- 3 von 4 Auspuffgummis Endtopf beschädigt oder fehlend
- Differenzial verliert Öl

Das ist erstmal alles, was mir so aufgefallen ist. Die Gummis für den Endtopf habe ich schon besorgt und ausgetauscht, der Haltebügel ist auch schon gekauft.

Neuer Abgaskrümmer kostet ca. 380 EUR bei Mercedes. Recherche ergab, dass diese Krümmer beim 230E sehr gerne reißen. Man kann sie aber auch schweißen. Ob Schweißen oder Neuteil besser ist, ist eine Glaubensfrage.

Neue Armaturenbretter in blau gibt's bei Mercedes nicht mehr. Vor allem die blauen reißen gerne.

Ansonsten sieht der Wagen von unten sehr ordentlich aus. Zumindest deutlich besser als der Panda Bj. 1992. Durchrostungen waren auf den ersten und zweiten Blick (und Kontrolle mit Hammerschlag) nicht feststellbar. Das Differenzial verliert wohl serienmäßig Öl.

Mein Vater kommt in zwei Wochen aus dem Urlaub wieder, dann bin ich erstmal weg. Bis Anfang September darf der gute also erstmal weiter in der Garage ruhen.

Die Mängelliste hört sich schon ziemlich gigantisch an, aber ich bin immer noch der Überzeugung, dass es ein guter Kauf war. Der gerissene Krümmer war vorhersehbar beim 230E. Das meiste andere ist letztlich nicht so schwierig zu beheben bzw. es muss erstmal nicht gemacht werden.

Vor allem sind die Radläufe und auch die Schweller / Wagenheberaufnahmen nach meiner Diagnose rostfrei. Mal sehen, wie es unter den Radhausplastikverkleidungen aussieht...

Heute war dann also der Tag der Überführung.

Beim Verkäufer angekommen, hatte der erstmal keine roten Kennzeichen. Ein paar Anrufe und eine halbe Stunde später ging's dann aber doch los. In der Zwischenzeit konnten wir bei einer Tass Kaff die Papiere fertig machen.

Dann sprang die Kiste nicht an. Bei der Vorführung vor vier Tagen auch schon nicht, aber da war einfach Benzin alle. Jetzt war aber was drin im Tank.

Nach einigen Versuchen ging's dann doch und wir sind erstmal zur Tankstelle gefahren. Ich habe auf Super bestanden, eigentlich soll der Motor Super Plus bekommen. Kein Wunder, dass er nicht anspringt mit Normalbenzin.

Die Fahrt zur Werft lief dann problemlos :-)

Bild vom Verkäufer: